Die Frau, die ewige Wärme wollte

Eine Traumgeschichte, Teil 3

OHJE, OHJE

Ohje, ohje, o du meine Güte! riefen die Menschen entsetzt und liefen ratlos und ziellos, hilflos und kopflos zwischen den angerichteten Verwüstungen umher.

Zuerst die Sonne! Jetzt der Mond! Wo führt das hin?

Unter einer blassen, einer blaßblauen, kaum noch wahrnehmbaren Sonne standen sie versammelt in kalten Schatten, sannen auf Beseitigung aller Übel.

RETTUNG NAHT

Einem Herrn Steinfrotz kam die Idee, den Faden einfach durchzuschneiden. Was natürlich nicht alle als glückliche Lösung ansahen, denn immerhin wollte kein Unternehmer seine Einnahmequelle so ohne weiteres aufgeben.
Aber die Verzweiflung trieb sie dennoch dazu, den leuchtenden Faden zu durchtrennen. Sie sahen, wenn auch nicht gern ein, daß es keinen anderen Ausweg gab.
Sie atmeten jubelnd auf, und hofften auf Erholung und Wachstum des Gestirns.

ABER OH SCHRECK

Aber oh Schreck, der Faden sprang hinab ins All!
Glitzernde Goldtröpfchen stürzten in die dunkle Tiefe.
Ein Übel löst das andere ab! jammerten die Menschen erschreckt. Die Sonne läuft aus! Die Sonne läuft aus!
Der arme Herr Steinfrotz mußte ans andere Ende der Welt fliehen, weiter und weiter. Er läuft immer noch, auf der Suche nach einem Versteck...

DA SEHT IHR'S

Es half nichts, die Sonne lief weiter aus. Glühende Tropfen stoben ins All.
Ach, da seht ihr's ! rief Frau Meta triumphierend, gut, daß ich die Idee mit dem ewig wärmenden Pullover hatte! Nun, wo die Sonne kleiner und kälter wird, muß ich nicht frieren. Euch wird's schlecht ergehen ! Womit sie natürlich die Strickfaulen meinte.

Es ist eben nicht so einfach, wie es aussehen könnte: einfach runter holen und bei Schaden mir nichts dir nichts zurückbringen ! NEIN ! Das Problem, den Faden aus dem All zu holen, beschäftigte jeden, und jeder stellte andere Berechnungen auf.

KUNO FÜHLT SICH SCHULDIG

Kuno, der sich wegen Metas Raffgier schuldig fühlte, schlug vor, man solle Raketen um den Faden jagen, die ihn so eng umkreisen, bis es ihnen schließlich möglich ist, ihn einzufangen.
Damit die Sonne unterdessen aber nicht weiter auslaufe, solle man von Raketen getragene große Behälter die Tropfen auffangen lassen.

METAS FREUNDINNEN SIND SEHR KLUG

Metas Freundinnen schlugen vor, man müßte einen neuen, gegenüberliegenden Faden aus der Sonne ziehen, so würde sie wieder herumgedreht werden können, und der ins All hängende Faden würde sich ungehindert aufwickeln.
Alle Welt beriet sich, was zu tun sei. Gut und schön, meinten Skeptiker, und wenn der dann auch noch reißt ! ? Nein, nein, das ist zu gewagt.

DAS VERSTECK

Der zerschundene Herr Steinfrotz, immer noch auf der Suche nach dem Ende der Welt, stolperte fast über den kleinenJungen, der sich einen wunderschönen Drachen aus Goldpapier bastelte.
Endlich ausruhn, einen Augenblick! Keiner in der Nähe, der ihn erbarmungslos weiter trieb. Und er verbarg sich hinter verkümmertem Buschwerk.
Das war ein guter Platz. Von hier aus konnte er ungehindert beobachten, wie der Drachen fröhlich wedelnd in die Luft stieg.
Der Junge mußte wieder und wieder Band nachgeben, so sehr strebte und zerrte er sich in die Höhe.
Schließlich begriff Herr Steinfrotz, daß es den Drachen hinab zum Sonnenfaden zog.
Alle guten Vorsätze beiseite werfend, verließ er sein Versteck, half dem Jungen Band an Band zu knoten.. So vergingen viele anstrengende Tage, bis der Drache mit seinem Schweif endlich den Sonnenfaden umschlang, um ihn zur Erde zurück zu bringen.

OHNE FREMDE HILFE GEHT'S NICHT

Jedenfalls war es seine Absicht. So sehr er sich auch mühte, dem kleinen Kerl lag der Goldfaden zu schwer in seinem leichten Schweif. Ohne fremde Hilfe war da gar nichts zu machen.
So schwebte er zur Erde zurück und sagte, man solle einen Faden des Gestricks an seinem Schweif befestigen und alle anderen ans Ende des nächsten binden, so würde er versuchen, das aufgetrennte Gestrick dem Faden im All wieder anzufügen.
Alles in windeseile Hergestellte, mußte hurtig aufgeröppelt, Faden an Faden aneinander geknotet werden.
Flugs wurde Frau Meta auf die Leiter gescheucht, die Sonne zu rollen. Ihr blieb keine andere Wahl, man ließ sie keine Sekund aus den Augen. Schlapp machen ging nicht ! Also rollte und rollte sie, bis das Knäul sich zusehends wieder vergrößerte. Meta rollt immer noch über den Köpfen der jubelnden Menge. Schon ein Jahr. Aber fertig ist sie noch lange nicht.


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