Die Frau, die ewige Wärme wollte

Eine Traumgeschichte, Teil 1


Frierend saß Frau Meta Kuntze nun schon den ganzen Sommer auf der Zentralheizung und beobachtete mit wachsendem Interesse das Blattwerk, um welches die Sonne feine goldene Fäden häkelte.
Ich muß mir etwas einfallen lassen! Sagte sie versonnen, aber was? Und sie starrte ins goldversponnene Laub.

Schon vor Winteranbruch hatte sie damit begonnen, sich mit allem zu umhüllen, was im Hause an Bekleidung aufzutreiben war. Über ihre eigenen Pullover die wie Pellen übereinander klebten, hatte sie Kuno's, die dicken molligen gestülpt. Und seine langen wollenen Unterhosen, all seine verschiedenfarbigen Wollstrümpfe, so daß er selbst dünne Sommerstrümpfe übereinander gezogen tragen mußte.
Ich werde mir endlich etwas einfallen lassen müssen! Seufzte sie, als sich nichts mehr fand, was sie hätte wärmen können.
Und sie starrte in die tanzenden Schneeflocken.
Ich muß mir endlich etwas einfallen lassen, flüsterte sie unentwegt, und sie polsterte Wände und Fußböden mit Federdecken aus, die Kuno täglich heranschaffen mußte.

Nur am Fenster ließ sie ein kleines Stück frei, um Vorübereilende mit Blicken zu verfolgen.
Ihnen schien es an nichts zu fehlen, sie stürmten irgendwelchen Beschäftigungen nach, und nur Frau Meta glaubte, die ganze Welt stecke in einem ewigen Winter. Hinter den wulstigen Federdecken erstickte sie fast vor Hunger nach Wärme und kuscheliger Geborgenheit.

So jagten sich die Jahreszeiten, wieder ging ein Sommer vorbei, die Tage wurden kürzer, der Wind begann an den Scheiben zu rütteln, dann Regen und Laub, schließlich Schneeflocken vor sich her zu treiben. Immer seltener entsann sie sich der Zeit, in der Kuno sie noch wärmte.
    Mir muß etwas einfallen, mir muß endlich etwas einfallen! Sagte sie laut.
Aber ihr fiel nichts ein. Außer daß Kuno sie morgens an die Heizung zu setzten hatte und abends, wenn er von der Arbeit heimkehrte, ins Bett tragen mußte.

Denn mittlerweile hatte sie sich in eine völlig hilflose, unbewegliche Tonne verwandelt, die frierend seufzte, wenn Kuno sie keuchend schleppte: Mir muß endlich etwas einfallen!

Als sie aus seinen Armen wie eine Zementkugel auf's Bett plumpste, erinnerte sie sich plötzlich eines Traumes, in welchem eine Frau hoch oben auf einem riesengroßen Schiff sitzend, eine rosa Strickleiter anfertigte, mit der sie ihren Mann aus den Wogen herauf strickte.
Jemand sagte albernd und lachend - - oder kam die Stimme aus ihr? - :
     Da strickt sich eine Frau ihren rosa-violetten-Mann an einer rosa Strickleiter an Bord!


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