Meine Freundin mit dem blauen Hut


Traumszenen

Freundin mit blauem Hut

Meine Freundin mit dem blauen Hut bemerkt ihn zuerst, den Mann mit Bart. Das Café ist weiträumig, und von vielen Stützpfeilern unterteilt, neben denen kleine runde Tische mit zierlichen Stühlen stehen. Durch Grünpflanzen, die zwischen zwei Pfeilern um eine Mauer wuchern, sehe ich ihn jetzt auch. Eine blasse, quadratische Fläche, eingerahmt von schwarzem Haar und gestutztem Bart.

Auf künstlichen Eisblöcken, die zu hohen Türmen aufgestapelt liegen, warte ich auf den Mann, der wieder nicht pünktlich ist. Kleine Geysire beginnen, fröhlich zu sprudeln; über einem Meer in der Ferne, liegen erstarrte, bewegungslose Wellen, zwischen denen unvermutet hauchdünne Eisschichten auftauchen, die von der schrägfallenden Sonne golden überhaucht sind.

Meine Freundin, ein wundervolles Tuch um den Kopf geschlungen, steigt lachend herauf: "Hier bist du also, was ist?" rollt ihr Erdbeermund.
"Nichts ist, ich warte, ich warte schon eine Ewigkeit!"
Und alle Ewigkeiten des Wartens ziehen an mir vorbei, berühren mich, lassen sie fragwürdig erscheinen, ketten mich an die Eisblöcke, schmieden mich fest; dicke, eisere Ketten, Ketten aus Eis, Eisblöcke aus Eisen. So beiße ich in meine Adern, esse sie auf, die überflüssig gewordenen; eine krachende Portion Chips Rauhreif von einem Partyteller, herausgebrochen aus einer Eisscholle.


Freundin mit buntem Tuch

In ihre Armbeuge gerollt, liegt mein Dackel. Er springt wie ein Eichhörnchen umher, beginnt Nüsse zu knacken, ist plötzlich ein Eichhörnchen.
"Ja, weißt du denn nicht, daß dein Hund zur Art der Eichhörnchen gehört?" fragt sie ungläubig, und die Nüsse, die an kleinen dünnen Kettchen von ihren Lippen hängen, schütteln sich, springen beim Lachen wild durcheinander: "Das sind seine Vorräte !" kichert sie irr. Das Eichhörnchen knackt unermüdlich Nüsse und während die Schalen zerspringen, erweckt das Knacken die schlummernde Zeit, jagt sie unaufhaltsam weiter, reißt alle festgehaltenen Augenblicke mit sich fort, wie Schiffe, von denen das Leben winkt ....

Viele Leute erscheinen, die in ihre Tätigkeiten eingesperrt sind. Eine Frau beginnt, Wände zu waschen. Sie ist darin eingewickelt, wie ein Baby und ich fange an, alle Windeln der Welt aufzuhängen - Windeln, Windeln, die ganze Welt besteht daraus; aus Windeln, unter denen ich herumkrieche, die mich zur Verzweiflung bringen, die meine Haare verkleben, über mir flattern und mich erniedrigen, - bis ich bestialisch schreie ....

Ein alter Mann, weißhaarig, den ich ehrfurchtsvoll für Gott halte, fährt Ruhe verströmend, im Rollstuhl herum, und entzündet in großen schwarzen Öfen kreisrunde , blaue Flammen, die leise vor sich hinfauchen.
Der Mann, auf den ich hier auf den Eisblöcken schon so lange warte, schießt mir ins Bewußtsein wie eine brennende Fackel, die meine Eingeweide versengt. Als er endlich erscheint, fühle ich mich völlig verwüstet ....


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