Eine Traumgeschichte, Teil 3

"Am Essen wird nicht gespart!", sagt Ichwillmeineruhe tadelnd: "Ich möchte vier Knödel, nicht nur zwei, und wenn ich sage, daß ich vier Knödel will, dann will ich vier Knödel und keine zwei - verstanden!"
"Wieso solltest du nicht mit zwei Knödeln auskommen - das ist doch die einzige Möglichkeit etwas zu sparen.!
Protestiert Dubrauchstnichts heftig. "Ich will mir ein Kleid kaufen und einen Schal, die Kinder brauchen auch wieder dringend einige Bekleidungsstücke - und deswegen bekommst du nur zwei Knödel, basta!"
"Aber ich will meine vier Knödel, du kannst ja verzichten!" grollt er polternd und schlägt mit der Faust auf den Tisch. "Wovon soll ich mir sonst wohl ein Kleid kaufen?"
"Und einen Schal!" sagt er spitz.
"Ja, und einen Schal!" sagt sie verärgert: "den du mir natürlich nicht gönnst! Das Kleid auch nicht, nicht einmal den halben Knödel - nichts gönnst du mir!" Sie schrie schon fast: "Dann sag doch, wovon wohl sonst? Wenn nie was da ist, wovon ich was kaufen kann - das macht mir alles zu viel Mühe und Anstrengung - mich ärgert das, und der Ärger macht mich ganz krank!" sie klappert mit dem Geschirr und knallt mit den Türen.
"Was beginnst du dich aufzulehnen!" wütet er:" fehlt dir etwa was? Hast du nicht alles? Du hast doch mich!"
- Ja, denkt sie: Du haßt mich - und mich haßt alles ...

Sie machen eine Dampferfahrt - er drängt sie, den Selterrest doch in den Wodka-Lemmon zu gießen.
"Verrückt - " sagt sie:" ich werde mir den Tag nicht noch mehr verdünnen!"
Und dann ist es doch wieder ein Tag, den sie in den Mülleimer werfen könnte ...
       Sie will sich mit ihrer Freundin in der Stadt treffen. Natürlich hat er deswegen schlechte Laune. Duja hat sein Hemd an, und er kann sich nicht verkneifen, zu sagen: "Sie weiß nicht, wem was gehört, aber Hauptsache, oben liegt genug Papier zum Schreiben herum. Wir werden ein kleines Fach für jeden einrichten müssen, damit wir wissen, wem was gehört!" holt sich Strümpfe und knallt die Schublade zu.
Als sie sich wieder einmal zum Schreiben über die Maschine beugt, meint er mit haßerfüllter Grimmigkeit: "man sollte die ganzen Buchstaben einschlagen und die Schreibmaschine zum Fenster hinaus werfen!"
Es "klappt" eben alles nur solange, wie sie keine Eigenständigkeit zeigt. Und die Spuren der Resignation in ihrem Gesicht und den Augen, vermag sie kaum zu verbergen. Und dann spricht er plötzlich von Liebe. Nach zwanzig Jahren luftleeren Raums, spricht er von Liebe; dabei weiß sie genau, daß er nur Angst hat, zusammen zu brechen, wenn er von dem Geld, das er verdient, die Kartoffeln selbst kochen müßte.

Dadurch, daß sie Jedermann sein konnte, hatte sie ihr Ich verloren und war niemand geworden. Sie zog ihre tausend Gesichter unter den Masken hervor und versuchte begierig, ihre Identität aufzusaugen.
Erschöpft sank sie eines Tages in tiefen Schlaf. Der Himmel öffnete sich, vier Engel schwebten herab und stellten jeder einen großen Spiegel um sie herum. Dubrauchstnichts erhob sich, gewahrte, daß sie in einem Spiegelhaus gefangen, sich viermal widerspiegelte. Sie erschrak heftig, denn mit den vier Spiegelbildern und sich in der Mitte, war sie fünfmal vorhanden. Wie sollte sie ihre ganze Arbeit mit fünfmal Dubrauchstnicht in Zukunft noch schaffen, wie sich aus ihrer Erschöpfung herauswinden? Überhaupt, sie schaffte es nicht einmal allein!
Sie blickte empor, da sah sie das All mit den Gestirnen.
Blickte sie zu Boden, gewahrte sie die Geheimnisse im Innern der Erde mit allen Seen, Flüssen, Höhlen und Mineralien.
Erschrick nicht! Sprach der erste Spiegel: ich bin der Spiegelvonvorn, der alles sieht.
Der zweite sprach: ich bin der Spiegevonlinks, der deine Wünsche erfüllt.
Ich bin der Spiegelvonrechts, der dir in großer Not behilflich sein wird! Sprach der dritte.
Und der Spiegelvonhinten, vor dem du dich hüten mußt, bin ich, sagte der vierte drohend, denn du weißt nie, was hinter dir geschieht!
Aber wie weiß ich, welcher hinten ist?
Sie begann sich zu drehen: seht ihr, jetzt bist du Spiegelvonlinks, und jetzt du Spiegelvonvorn, und nun du Spiegelvonrechts, hinten!
"Merke dir, nur wenn du rufst: "Dervonoben und Dervonunten! Erscheint das Spiegelhaus und du kannst dir alle Wünsche erfüllen. Hüte dich aber vor dem Spiegelvonhinten!"
Als Dubrauchstnichts erwachte, lag sie noch so auf der Wiese,, wie sie in ihrer Müdigkeit ausruhen wollte.
Suchend drehte sie sich im Kreis, gerade so, wie sie es im Traum getan. Es wäre auch zu schön, dachte sie, aber soll ich mich deswegen nun noch mehr drehen? Das war eben in wunderschöner Traum! Froh und ausgeruht machte sie sich auf den Heimweg.
Schon auf der Straße hörte sie das Weinen der Kinder. Dunicht und Duhastschon kauerten verängstigt am Boden, während Duja sich egoistisch am Tisch breitmachte und das ganze Essen verschlang, welches Dubrauchstnichts am Morgen zubereitet hatte.
Sie setzte sich, mit dem Rücken Duja zugewandt, auf den Tisch und sprach: "Dervonoben und Dervonunten !" und augenblicklich waren sie vom Spiegelhaus umgeben.
Die Speise stand nur für Dunicht und Duhastschon auf dem Tisch. Duja, hinter dem Rücken der Mutter, wurde die Sicht versperrt und die Speise entzogen.
"Dervonunten und Dervonoben!" sprach Dubrauchstnichts, als die Kinder gesättigt waren, und das Spiegelhaus verschwand.
"Ich bin noch hungrig!" murrte Duja. "Ihr habt alles aufgegessen, sang Dubrauchstnichts fröhlich und machte sich an die Arbeit, die noch zu erledigen war.
Am Morgen darauf, raffte Duja wieder nur das Leckerste vom Frühstückstisch.
Dubrauchstnichts setzte sich vor Duja und wartete, bis die Kinder satt waren, dann sagte sie zu Ichwillmeineruhe: "Es wird jetzt aber aller höchste Zeit, daß wir für alle etwas anzuziehen kaufen!"
Er rief wütend: "Dunicht, Duhastschon und Dubrauchstnichts - Ichwillmeineruhe!"
Da setzte sie sich schnell mit dem Rücken vor ihn, sagte ihren Spruch, und im Nu waren sie, Dunicht und Duhastschon eingekleidet.
Als er das sah, sagte er selbstzufrieden: "Aber das ist doch selbstverständlich, wozu arbeite ich denn sonst!?"


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